ArteKino – Das Online-Festival des europäischen Kinos
24.10.2025
Actualités
31.10.2025
Am 20. Oktober 2025 jährt sich der Geburtstag von Konrad Wolf, einem der bedeutendsten Regisseure des ostdeutschen Kinos, zum 100. Mal. Zur Feier dieses Anlasses präsentiert ArteKino eine besondere Retrospektive mit vier zentralen Filmen: Solo Sunny, Sterne, Der geteilte Himmel und Lissy. Gemeinsam zeichnen sie einen unvergleichlichen künstlerischen Weg nach und führen uns mitten hinein in die politischen und emotionalen Umbrüche des 20. Jahrhunderts.

Geboren 1925 in Hechingen und im sowjetischen Exil aufgewachsen, erlebte Konrad Wolf Krieg, Entwurzelung und die ideologischen Brüche Europas. Sein Leben – vom jugendlichen Engagement in der Roten Armee bis zu seiner Karriere als bedeutender Regisseur der DEFA-Studios – prägte ein zutiefst menschliches Kino.
Das im Berlin der 1930er Jahre angesiedelte Lissy erzählt die Geschichte einer Arbeiterin, die mit dem Aufstieg des Faschismus konfrontiert ist. Zwischen Loyalität, Opportunismus und schlechtem Gewissen entfaltet sich ein ergreifendes moralisches Drama, das individuelles Schicksal und politische Verblendung miteinander verknüpft.

Konrad Wolfs Sterne gilt als einer der größten Antikriegsfilme aller Zeiten. Er spielt im von Deutschland besetzten Bulgarien und erzählt von einem deutschen Soldaten, der sich in eine jüdische Frau verliebt, die auf ihre Deportation wartet. Anstatt Opfermut zu glorifizieren, untersucht Wolf das Schweigen, die Mitverantwortung und die vergängliche Menschlichkeit angesichts des Grauens. Der Film gewann 1959 den Jurypreis der Filmfestspiele von Cannes – eine seltene internationale Anerkennung für den ostdeutschen Film.

Basierend auf dem Roman von Christa Wolf fängt dieser poetische Film die moralische und emotionale Spaltung Deutschlands kurz vor dem Bau der Berliner Mauer ein. Mit lyrischen Schwarz-Weiß-Bildern verbindet er politischen Realismus und persönliche Sehnsucht auf kunstvolle Weise.

Konrad Wolfs letzter Spielfilm (gemeinsam mit Wolfgang Kohlhaase realisiert) widmet sich dem Lebensweg einer Sängerin, die in Ostberlin der späten 1970er Jahre nach Authentizität sucht. Der Film zeichnet ein lebendiges, modernes Porträt einer Individualität innerhalb eines kollektiven Systems und markiert einen entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte der DEFA.

Auch Jahrzehnte später sind Konrad Wolfs Filme von beeindruckender Aktualität – dank ihrer charakteristischen Ehrlichkeit und Empathie. Seine Erzählungen greifen das Thema der Ideologie auf, ohne in Zynismus zu verfallen, und machen die verborgene Würde sichtbar, die in den Widersprüchen der Geschichte liegt. Als Präsident der Akademie der Künste der DDR setzte sich Konrad Wolf unermüdlich für die kreative Integrität ein – eine Haltung, die in einem zensurgeprägten System ebenso selten wie notwendig war und ihn zu einer Symbolfigur des künstlerischen Gewissens machte.
Diese ArteKino-Auswahl lädt das Publikum dazu ein, die emotionale und politische Tiefe des ostdeutschen Kinos neu zu entdecken und zugleich den Dialog mit anderen Regisseuren der Epoche – etwa Helmut Käutner mit seinem Himmel ohne Sterne – zu fördern. Gemeinsam erinnern ihre Werke daran, dass das Kino in seiner edelsten Form Grenzen überwindet und uns immer wieder eine grundlegende Frage stellt:
Wie bleibt man menschlich in Zeiten, die sonst allzu unmenschlich sind?
Das gesamte Konrad-Wolf-Programm finden Sie hier.